Eine vielversprechende Vorbereitung
Nach der Feier der goldenen Ananas als Tabellenerster der Saison 2021/22 und einer Sommerpause ging die Vorbereitung praktisch mit dem identischen Stammteam wieder los. Einige junge Spieler haben den definitiven Schritt ins Herren 1 gemacht. Diese wurden wiederum durch noch jüngere, welche diesem Model ebenfalls folgen wollen ersetzt. Trotz sehr vieler Absenzen lief die Vorbereitung sehr gut ab. Das Team setzte sich aufgrund des Selbstverständnisses aus der vergangenen Saison entsprechend hohe Ziele und wollte in der Qualifikationsrunde die oberen drei Tabellenplätze angreifen. Dies mit dem Wissen, dass es dafür eine sehr gute Leistung braucht. Denn die ohnehin schon starke Ostschweizer 1. Ligagruppe ist wohl noch stärker einzuschätzen als in der Vergangenheit. Mit Arbon, Fides und Appenzell gibt es drei Topteams, welche sich nochmals mit namhaften Cracks verstärkt haben. Dazu kommen mit Rheintal und Flawil zwei starke Aufsteiger. Alle anderen Teams sind Fanionteams und trainieren vergleichsmässig sicher öfter. Doch davon liess sich das Herren 2 in der Vorbereitung nicht beeindrucken. Man schlug in Testspielen sogar zweimal das eigene Herren 1 und unterlag zweimal nur knapp den Kadetten Espoirs (beide starke NLB-Vertreter). Ein grosser Wehrmutstropfen war die erneute Verletzung von Pechvogel Sostizzo und die zwei langzeitverletzten Ausfälle von Peyer und Verlezza.
Vereinsinterner Derbyfight
Die irrwitzige Auslosung vom Handballverband hatte zur Folge, dass im 1/32-Final des Schweizer Cups das Herren 1 gegen das Herren 2 spielen musste, durfte oder welches Verb hier halt auch richtig wäre. Mit den Testspielsiegen gegen eben dieses Team im Rücken, war die Spannung vorprogrammiert. Da gab es so einige spezielle Momente. Zum Beispiel hat man das Abschlusstraining gefühlt gemeinsam absolviert. Am Abend zuvor mussten die zwei Trainer noch bei einem Stadtbühler diskutieren, welcher Spieler und Trainer in welchem Team ist. Es gibt so viele Überschneidungen bei den zwei Teams. Sie haben sogar das gleiche Spielsystem. Am Spieltag selbst gab sich dann das Herren 1 als Platzhirsch keine Blösse und lieferte einen Start-Ziel-Sieg.
Korrigierter Start
Im ersten Spiel trafen die Forti-Jungs zu Hause auf den neu zusammen gewürfelten Sportclub aus Frauenfeld. Die neuen Spieler aus Konstanz feuerten aus allen Lagen. Mit einer besseren Leistung wäre dieses Spiel bestimmt anders ausgegangen. Doch am Ende gingen die Frauenfelder verdient als Sieger vom Platz.
Der verpatzte Start wurde umgehend korrigiert. Mit einer sehr kämpferischen Leistung wurden die mit vielen neuen Spielern verstärkten Fidesler in der eigenen Halle besiegt. Unter der Woche folgte dann das Derby in Flawil. Die Aufsteiger hielten in der torarmen Begegnung lange dagegen. Doch am Ende gewannen die 1. Liga erfahreneren Gossauer das neue RLZ-interne Derby.
Lehrhafte und schmerzhafte Negativserie
Zwei Tage danach sollte wiederum zu Hause dank einem freien Freitag mit frischen Beinen die Top 3-Platzierung bestätigt werden. Doch der Aufsteiger aus Rheintal belehrte die Fürstenländer eines Besseren. Zu blutleer und zu wenig fokussiert war der Auftritt der Gossauer. Verdient hingegen war der Sieg der bissigen Rheintaler, welche ihre allerersten 1. Ligapunkte der Vereinsgeschichte feierten. Dies war der Start einer langwierigen Negativserie. Total verunsichert und mit Fehlern, welche in der 1. Liga schlicht nicht akzeptabel sind, wurden die Gossauer in eigener Halle mit 30:21 klar von den Appenzellern geschlagen. Ein Tag zum Vergessen.
Zwar kämpferisch aber mit wenig Glanz und deutlich sichtbarem Trainingsrückstand wurde man auch von Neuhausen und Arbon besiegt. Beides mal fehlt nicht viel. Es sind immer knappe Niederlagen. Aber beides mal fehlt der gewisse Fokus. Es war schlicht ersichtlich, dass andere fleissiger und mehr trainiert haben. Dazu kam das verletzungsbedingte Saisonout von Emotionalleader Buchegger. Mit diesen Niederlagen im Rucksack geht dann auch die Leichtigkeit des Seins verloren. Ein Spezieller Moment war es sicherlich vor allem für Rückraumspieler und Ur-Gossauer Brülisauer, welcher aufgrund eines Wohnortwechsels zu den Pfader Neuhausen wechselte. Mit ihm verlieren die Forti-Jungs einen guten Teamkollegen aber auch ein mindestens ebenso guten Handballer nach vielen erfolgreichen Jahren, unter anderem mehreren Eliteaufstiegen als Topscorer bei den Junioren, an die Konkurrenz. Die Türe bleibt immer offen. Wir wünschen dir viel Freude in deiner neuen Wahlheimat lieber Janik und du weiss ja "Eimol Forti immer Forti!".
Exkurs U21-Projekt
Um die Köpfe des Stammteams zu lüften und den jungen Talenten mal 1. Ligaerfahrung zu geben. Reiste Trainer Kramer mit einer völlig neu zusammen gestellten U21 nach Frauenfeld. Als verlängerter Arm auf dem Feld half Vereinsikone Würth aus. Die Youngsters schlugen sich in der ersten Halbzeit hervorragend. Sie überrollten mit ihrem beherzten und frischen Auftritt die Frauenfelder förmlich. In der zweiten Halbzeit fehlte dann zehn Minuten lang die entsprechende Erfahrung, was dann zu einer sehr bitteren Eintoreniederlage führte. Doch das Resultat war an diesem Tag zweitrangig. Sehr erfreulich darf dieser Auftritt der mutigen und blutjungen Akteure die Vereinsverantwortlichen stimmen. Vielleicht gibts ja mal eine Wiederholung dieses Projekts.
Mit grossem Kampf zurück auf die Siegesstrasse.
Wieder mit dem Stammteam angetreten, muss irgendwie wieder die Leichtigkeit des Seins erzwungen werden. Dies geht nur über ein Erfolgserlebnis. Dass man 1. Ligahandball spielen kann, wissen alle. Trotz viel Kampf folgte auswärts gegen Fides aber die nächste knappe Niederlage. Auch da waren die Fortianer phasenweise offensiv schlicht zu wenig variabel und ideenreich. Spielmacher Schwinn diente als Alleinunterhalter im Angriff.
Gegen Flawil wurde dann in der ersten Halbzeit der Frust von der Seele gespielt. Phasenweise waren die Gossauer sogar mit 11:4 in Führung. Eigentlich unerklärlich aber in der Krise in der die Gossauer steckten leider nicht abnormal, dass man dieses Spiel in letzter Sekunde nicht siegreich gestalten konnte. Immerhin endlich wieder mal einen Punkt und eine hervorragende Halbzeit. Daran gilt es sich aufzubauen.
Auswärts im Rheintal vor tosendem Publikum am Sonntagnachmittag fanden die Fürstenländer endlich wieder zurück auf die Siegesstrasse. Phasenweise war die Verunsicherung der gefühlt ewig langen Negativserie zwar immer noch erkennbar. Doch mit einer soliden Teamleistung in der Abwehr sowie im Angriff wurde der Sieg förmlich erzwungen. Endlich performte wieder mal links wie rechts, hinten wie vorne. Ehrlicher Arbeiterhandball, mit Tempo, Leidenschaft und Fokus - so müssen die Gossauer Handball spielen, um erfolgreich zu sein. So können die Gossauer jeden schlagen. Dafür haben sie auch genügend individuelle Klasse - aber nur dann. Doch diesen Sieg zahlen die Gossauer teuer. Mit Mauchle fällt ihr Captain mindestens bis Jahresende verletzt aus. Das Team muss nun in den letzten drei Partien mit Manser, Garbini, Buchegger und Mauchle auf vier wichtige Stützen verzichten. Doch der Schreibende ist motiviert dies mit dem Sieg im Rücken und dem guten Unterbau dank der U19-Spieler positiv zu gestalten.
Taffes und spannendes Schlussprogramm
In den letzten drei Spielen vor Weihnachten können die Gossauer nun die Erfahrungen aus der schmerzhaften Lehrstunde mitnehmen und bestätigen. Einfach wird es sicher nicht. Auswärts beim Tabellenzweiten in Appenzell geht immer die Post ab. Doch zu verlieren haben die Fürstenländer da wenig. Man kann nun befreit aufspielen. Der Zuschauer darf also gespannt sein. Danach folgt noch eine Pflichtaufgabe mit einer Revanche zu Hause gegen Neuhausen. Sicherlich ein spezielles Spiel für den zu Neuhausen gewechselten Brülisauer im grünen Shirt in der eigenen Heimat. Zum Abschluss kommt noch der Tabellenleader und Aufstiegsaspirant nach Gossau. Wer weiss, vielleicht gelingt den Gossauern ja die Überraschung.
Dank dem stets kritisierten Modus, welcher zur Folge hat, dass im Januar wieder alle null Punkte haben und die Hinrunde schlicht umgewertete Geschichte ist, haben die Gossauer keinen Resultatdruck bis dahin. Man nimmt die drei Spiele, um nochmals ein bis zwei Schritte nach vorne zu machen, um dann in der Rückrunde wiederum die goldene Ananas anzugreifen. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, wer einem da gegenüber steht. Sicherlich wäre es deshalb gut, wenn am Ende mindestens der sechste Tabellenplatz resultieren würde.
Fotos von Roland Peyer:
Link: Cupspiel gegen das eigene Herren 1
Link: Derby gegen Partner HC Flawil